Tradition ist kein Geschäftsmodell: von Startups lernen, Christoph Schepan

Was und wie traditionelle Konzerne von Startups lernen können – oder: warum ein Kickertisch nicht genug ist.

Auf der solutions x DILK 2021, spricht Christoph Schepan darüber, was klassische Unternehmen von Startups lernen können und wie sie mit der Speedboot-Taktik auch im Zeitalter der digitalen Transformation weiterhin vorne mitspielen.

Schepan setzt bei seinem Vortrag in erster Linie auf den Overspill Effekt, der bereits von verschiedenen traditionellen Großkonzernen erfolgreich eingesetzt wurden. Den Fokus legt er hier auf das Vorbild der Otto-Group: Eigene Startups gründen und von ihnen profitieren. Warum sich traditionelle Unternehmen weiterentwickeln müssen, liegt auf der Hand: Starre Strukturen und verkrustete Denkweisen führen dazu, dass einige Großkonzerne den Anschluss an einen Markt verlieren, in dem sie vor 10 Jahren noch zu den Vorreitern gehörten.

Schepan verweist darauf, dass die Halbwertszeit eines Unternehmens laut McKinsey von 61 Jahren (vor ca. 50 Jahren) auf nur 12 Jahre gesunken ist – der Markt ist kurzlebig und Unternehmen müssen sich immer schneller anpassen, wenn sie überleben wollen. Laut Schepan laufen nicht nur traditionelle Unternehmen Gefahr, den Anschluss an die Anforderungen einer digitalisierten Welt zu verlieren. Auch aus Startups entstandene erfolgreiche Unternehmen wie Apple oder Amazon müssen Wege finden, sich trotz immensen Wachstums die Agilität eines Startups zu bewahren. Die Geschwindigkeit, mit der sich der Markt weltweit verändert, macht es für viele Unternehmen fast unmöglich, die Zukunft akkurat vorherzusagen. Was also ist zu tun? Der von Schepan zitierte Alan Kay findet für diesen Zustand folgende Worte: „The best way to predict the future, is to invent it.” 

Doch die wenigsten Firmen scheinen dazu momentan in der Lage zu sein. Christoph Schepan vergleicht den Zustand, in dem sich viele Unternehmen zurzeit immer noch befinden, mit einem erstarrten Reh im Scheinwerferlicht. Die Konzerne entwickeln sich nicht weiter, sondern warten ab und beobachten, bis sie von der Konkurrenz abgehängt werden. 

Dabei kann seiner Überzeugung nach jedes Unternehmen von Startups lernen. Auch Konzerne mit über 10.000 Mitarbeitern. Amazon nutzt etwa die bekannte „Pizza-Meeting“ Regeln, bei der sich maximal so viele Mitarbeiter in einem Meeting befinden dürfen, die von einer Pizza satt werden. So bricht der Konzern große Firmenstrukturen auf kleinere Gruppen herunter und bleibt beweglich. 

Christoph Schepan rät traditionellen Unternehmen jedoch nicht zur Pizza-Meeting-Strategie, sondern zur „Speedboot-Taktik“. Auf diese Weise könnten die Unternehmen von Startups lernen, von deren Erfolg profitieren und das Startup-Mindset Stück für Stück übernehmen. Eine gelungene Speedboot-Konstruktion sei die OttoGroup, die sich mit der Tochterfirma AboutYou zum Marktführer im Bereich Fashion-Onlinehandel entwickelt hat. 

Otto hatte es dem AboutYou-Team ermöglicht, extern ein Startup aufzubauen, indem sie das AY-Startup finanziert und unterstützt haben. Gleichzeitig hat Otto dem AY-Führungsteam weitestgehend freie Hand bei Entscheidungen und der Entwicklung von Strukturen gelassen. 

Externe Startup-Labs könnten sehr viel innovativer und freier denken als eine intern gegründete Abteilung, so Schepan, da es internen Mitarbeitern oftmals an den nötigen unternehmerischen Fähigkeiten und der Motivation fehle, ein Startup erfolgreich unter der Schirmherrschaft des Mutterkonzerns aufzuziehen. 

Ebenfalls wichtig ist laut Schepan ein hundertprozentiges Commitment der Geschäftsführung des Mutterkonzerns. Nur so kann das Unternehmen am Ende auch von den Benefits profitieren: Das hoffentlich erfolgreiche Startup aufkaufen oder es an die Börse bringen. Als häufigste Stolpersteine auf dem Weg zu einem eigenen externen Startup, nennt Schepan starre Prozesse, ein veraltetes Mindset und interne Unternehmenspolitik. 

Was jedoch immer funktioniert: Erfahrene Unternehmer von außen einzustellen, qualifizierte Mitarbeiter zu beteiligen, dem Startup den finanziellen Druck nehmen und erlauben, eigene Mitarbeiter zu sourcen und dem Startup die Erfahrungen des Mutterkonzerns verfügbar machen. 

Das Fazit: Statt interne Strukturen komplett umzubauen, täten traditionelle Unternehmen gut daran, ein eigenes externes Startup aufzubauen, von dem sie lernen und langfristig auch finanziell profitieren können.

 

 

Über Christoph Schepan

Christoph Schepan, Managing Partner bei NCA in Hamburg. Christoph ist ein erfahrener Produkt- und Techgründer, der zum leidenschaftlichen Frühphaseninvestor wurde. Sein Motto ist: „Live in the future and build what’s missing. Start-up Kultur als Inspiration für Unternehmen.“

 


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